Wo der Apennin beginnt

Kulturelle und naturalistische Anmerkungen über das Gebiet der Vier Provinzen

Der Alfeo Berg und im Hintergrund der Carmo Berg, von Capanne di Cosola aus gesehen / Fabrizio Capecchi

 

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Der Apennin, die Bergkette, die wie eine Wirbelsäule Italien durchquert, fängt in der Nähe des Turchino Passes zwischen Genua Voltri und Alessandria an *. Der Name „Apennin“ soll vom ligurischem Gotte Pen (dem Gott der Wälder und der Berge) stammen, so wie auch die Namen anderer nahen Berge wie Penna und Penice.

map Folgende Seiten sind dem ersten nördlichen Zug des Apennins gewidmet, einer Gruppe von Bergen und Tälern, die in 4 Provinzen von 4 Regionen geteilt sind: Genua (Ligurien), Alessandria (Piemont), Pavia (Lombardei) und Piacenza (Emilien). Kulturell geht es aber um ein einheitliches Gebiet, wo die Leute Jahrhunderte lang nach gemeinsamer Art gelebt haben. Diese Leute haben Getreide, Erdäpfel, Kastanien, angebaut, Kühe und Ziegen gezüchtet, und eigenartige Dörfer aufgebaut. Sie überholten leichter und lieber hohe Täler und Berge, um einander kennenzulernen und zu heiraten, als mit anderen Leuten aus der nahen Ebene Bekanntschaft zu machen. Diese Einheit ist besonders durch die traditionelle Volksmusik bezeugt, die eben deshalb als die Musik der „4 Provinzen“ bezeichnet worden ist. Unserer Meinung nach passt der Ausdruck am besten zur Denotation dieses Gebietes.


Ein Brückenland

Bobbio. Krumme Brücke / CG Es ist bekannt, dass die volkstümliche Vorstellungswelt die Errichtung einer Brücke dem störenden Eingriff des Teufels gewöhnlich assoziiert. Der Grund davon ist leicht zu verstehen: Brücken verbinden, der Teufel ist dagegen „derjenige, der scheidet“. In der Volkskultur mehr störender Kobold als Verkörperung vom absoluten Bösen, erweckt der Teufel durch sein negatives Wirken die Vorstellung des Widerspruchs jeder zum Verbinden, Überschreiten, Durchwaten orientierte Tätigkeit. Im Grunde bringt seine hoffnungslose Opposition zur Erschaffung von Kontakten, Zusammenhängen, Verbindungen, einen Wertkeim mit sich: die Verteidigung einer bestimmten und spezifischen Identität, die aber ins Missverständnis eines Abschlusses zum Anderen, einer absoluten, unfruchtbaren Ablehnung verfällt.

Wenn mir die krumme Brücke von Bobbio, die entgegengetzten Ufer des Trebbia Flusses verbindet, diese Überlegungen erweckt hat, ist deshalb, weil sich in diesen Tälern, die man gewöhnlich die „4 Provinzen“ definiert, die Vielschichtigkeit der verschiedenen und widerspruchsvollen Themen von Verbindung und Konflikt, Abschluss und Austausch, Öffnung und Isolierung völlig offenbart. Das sind Täler, die von tausendjährigen Trassen, wie Salz-und Seestrassen, durchgelaufen sind, durch Kiestrümmer und Wasserströme, oder durch die Steilhänge der Gebirgskämme, in Blau und Grün, die sich im Norden in den Ebenennebeln und im Süden im diaphanen Schimmer eines Meeresstückchens spiegeln. Das sind Täler, wo einst alte Solidarität, Gemeinschaftsgewohnheiten, Weidenweite, und Wasserreichtum herrschten. Aber das sind auch Täler von abgelegenen Runden und steilen Böschungen, von Existenzen, die auf ständig gleichen Horizonten verbraucht wurden, von alten und blutigen Rivalitäten. Das sind heute aus Wald undurchdringliche Täler, verfallene, von Wucherung verschlungene, in verwahrloster Düsterkeit verschlossene Ortschaften.

Paolo Ferrari Magà
(Dalla val Trebbia alle "molte province" = World music magazine. 62 : 2003.10. p 5-7)

Wo der Apennin beginnt : Kulturelle und naturalistische Anmerkungen über das Gebiet der Vier Provinzen / Redaktion ; Manuela Zaniboni : versione tedesca ; © Autoren -- <https://www.appennino4p.it/index.de.html> : 2007.03 -